Audiovisual Media Days 2009, Niederpöcking am Starnberger See
AMD09 – Tag 2: Nun kommen die Werber auf ihre Kosten. Frank Herold von der IP Deutschland beginnt die zweite Runde der AMD09 mit seiner Keynote „Effektive Nutzung von Bewegtbild in der Markenkommunikation“. Er liefert interessante Zahlen:
- 26 Mio. von insgesamt 40 Mio. Haushalten in Deutschland haben einen DSL-Zugang.
- Nach Angaben der Bundesregierung sollen in 5 Jahren rund 75% der Haushalte über eine Netzanbindung von 50MBit/s. verfügen.
- Von denjenigen, die in Deutschland Videos im Netz ansehen, werden im Schnitt 4 Filme pro Tag und Nutzer gesehen.
- Frank Herold betont, dass die Zeitsouveränität der Nutzer der wichtigste Grund für die Videonutzung im Netz ist. So sehen etwa 31% der ZUschauer die RTL Serie „Alles was zählt“ nur online.
- Die RTL Now-Plattform hat z.Zt. etwa 12 Mio. views pro Monat.
“ Fußball that’s the content !“, mit dieser Botschaft beginnt Dr. Robert Niemann von der DFL Sports Enterprises seine faszinierende Vorstellung von Marktmacht und Vermarktungserfolg der deutschen Fuball-Bundesliga:
- Die DFL gehört allen Vereinen der 1. und 2. Liga.
- Sie produziert alle Fußballspiele der 1. und 2. Bundesliga in HD und überträgt das Signal live in 172 Länder.
- Fußball ist krisenfest!In Deutschland gibt es 33 Mio. Fußball-Fans, ein Drittel davon sind Frauen.
- Die Bundesliga liefert mit 612 Spielen pro Saison rund 1.000 Stunden Live-Event.
- Im deutschen Fernsehen laufen pro Saison 6.650 Stunden Fußball, weltweit sind es über 29.000 Stunden.
- Die Webseite www.bundesliga.de hat über 132 Mio. Page Impressions pro Monat.
- Die Bundesliga beschäftigt in der Vereinen über 37.000 Menschen und zahlt pro Saison rund 630 Mio. EUR an Steuern.
- Weltweit werden pro Bundesliga Spieltag rund 100 Mio. EUR an Sportwetten abgeschlossen, davon alleine ein Viertel in China.
Peter Christmann (stream5), Frank Herold, Christian Baudis (Tremor Media) und Dominik Terruhn (Plan.net) diskutierten unter der Leitung von Leif Pellikan (w&v) wie man mit Online-Videos und Web-TV künftig Geld verdienen kann. Die Antworten waren zum Teil sehr wiedersprüchlich und vor allem für die anwesenden Bewegtbild-Produzenten ernüchternd: Kaum einer ist mehr bereit für hochwertigen Content den Produzenten einen angemessenen Preis zu zahlen.
Gleich zu Beginn stellen die Teilnehmer fest, dass Webvideos zwar sehr stark im Kommen sind, aber der klassische TV-Konsum noch weit höher ist.
Christian Baudis:
“ Ich bin überzeugt, dass Video im Web ein ganz großer Wachstumsmarkt wird. Aber Paid-Modelle werden sich nicht durchsetzen im Internet. Webvideos werden durch Werbung finanziert!“
„Die durchschnittliche Nutzungsdauer im Netz beträgt rund 4 Min.“
Domink Terruhn:
„Der Haushalt ist ein decision center.“
Peter Christmann:
- Der TV-Werbemarkt in Deutschland beträgt 2009 ca. 3,7 Mrd. EUR.
- Der Web-Werbemarkt wird vielleicht in 2011 die 100 Mio. EUR Marke erreichen.
- In der Zielgruppe der männlichen Nutzer zw. 25 und 45 Jahren beträgt der TKP im Netz ca. 30-40 EUR. Eine 5-Minuten Produktion im Netz darf demnach nicht mehr als 1.000 EUR kosten.
Nachmittags eröffneten Prof. Harald Eichsteller von der HdM Stuttgart, Steffen Matz von stream5 und Frank Scheuerer von GoVira den bunten Reigen der Referenten. Ihr Thema: Branded Entertainment and Viral Marketing with Online Video.
Prof. Eichsteller beschrieb einige Beispiele für erfolgreiches Viralmarketing, häufig von Automobilfirmen:
- BMW Films.com war eine höchst erfolgreiche Marketingidee, die BMW neben unzähligen Downloads der acht aufwändig produzierten Filme (u.a. mit Clive Owen und Madonna) vor allem 2,5 Mio. Adressen in der Kernzielgruppe gebracht hat.
- The Call von Pirelli ist bis heute umstritten, aber mit John Malkovich und Naomi Campell hochkarätig besetzt.
- Perfekt in Szene gesetzt war das Product Placement von Audi RSQ im Hollywood Blockbuster I-Robot mit Will Smith. Er zeigte bereits den Look des späteren Sportwagens R8.
- Man muss spannende Geschichten erzählen, wie Rimowa, so Prof. Eichsteller. Hier spielt der Koffer immer eine wichtige Rolle in einem spannenden kurzen Film.
- Das Moorhuhn, ein Spiel zum download wurde im Auftrag von Johnny Walker entwickelt und wurde millionenfach heruntergeladen. Ob der Mehrheit der Nutzer allerdings die Verbindung zum Absender klar wurde, bleibt fraglich.
Weniger erfolgreiche Beispiele aus dem Automotive Bereich:
- Audi A3 von Wim Wenders.
- Mercedes CLS in The Porter.
Frank Scheuerer erklärt, dass die wichtigste Aufgabe von Branded Entertainment und Viralmarketing sei, dass sich der User mit der Marke oder dem Produkt beschäftige. Er ist überzeugt, dass künftig viele Unternehmen Spots drehen lassen, die man nur im Netz und niemals im Fernsehen sehen wird. Bei der Entlohnung wird die „pay per performance“-Option immer wichtiger werden.
„Spamming von Foren ist nicht der rictige Weg für Virlamarketing.“
Die Filmanbieter müssten sich auch entscheiden zwischen „Auto-Play“ und „Click-to-play“.
Christian Schmidt von FOCUS Online berichtet den Teilnehmern der AMD09 über die Erfahrungen aus 3 Jahren Video-Produktion für das Netz: „Web-Videos sind ein strategisches Investment.“ Allerdings eines, bei dem die anwesenden Produzenten erklären, draufzahlen zu müssen. Mehr als 750 EUR inklusive Buyout werden laut Christian Schmidt nicht mehr gezahlt. Dennoch sind Videos nicht mehr aus dem Online-Journalismus wegzudenken.
Die Erkenntnisse von MySpace zum Thema Social Media & Bewegtbild werden von Christoph Urban, Director Marketing & Content, präsentiert:
- Für MySpace ist die „daytime“ gleichzeitig die „primetime“.
- In Deutschland: 4,9 Mio. User und 800 Mio. Page Impressions.
- Die Inhalte müssen polarisieren
- Die „Candygirls“ sind erst der Anfang.
- Wegen Protesten einer katholischen Gruppe wurde aus der Rocker Soap „größer als Gott“ schließlich „größer als Groß„.
Zwei Tage Audiovisual Media Days (AMD09) boten den Teilnehmern zahlreiche Einblicke und Rundblicke in die Welt der Bewegtbild-Kommunikation.
Das Videos emotionalisieren und somit auch wirkungsvoll eingesetzt werden können, dürften inzwischen auch die letzten Zweifel erkannt haben. Neu war für viele sicherlich die Erkenntnis, dass der Generationswechsel im Web sehr viel schneller abläuft, als irgendwo sonst. Digital natives konsumieren Webinformationen – gerade auch die in Form von Bewegtbild – selbstverständlicher und häufiger, als junge Erwachsene in der Generation 30+. Für einen Jugendlichen von heute ist die Tagesschau im TV heute so fremd wir für einen 40 Jährigen die Wochenschau in den Kinos der 50er Jahre.
Auch im Werbeumfeld ist die Wirkung von Webvideos längst erkannt. Banner sind out. Bewegtbild fördert Klicks.
Entscheidend sowohl im werblichen, als auch im unterhaltenden oderjournalistischen Umfeld ist die Ansprache der Zielgruppe. Nur wer es schafft, seine Zielgruppe im Netz zu finden und zu begeistern, kann seinen Aufwand rechtfertigen und wird durch hohe Aufmerksamkeit belohnt.